Eva Maria Foth | 24.03.19 | Filmrezension
Der preisgekrönte Kurzfilm Solar Walk von Réka Busci ist ein couragiertes Experiment, auf der Suche nach unseren Ursprüngen. Eine verspielte, geistreiche Exkursion durch den Weltenraum, mit ergreifenden Bildern und überwältigender Klangkulisse.
Die in Budapest lebende, ungarische Regisseurin Réka Bucsi, ist eine der zurzeit vielversprechendsten Akteurinnen unter den Trickfilmzeichnern. Einige ihrer Arbeiten erhielten weltweite Anerkennung und wurden für zahlreiche Preise, unter anderem für den Oscar, nominiert. Mit Solar Walk, der auf der 68. Berlinale 2018 seine Weltpremiere feierte, hat Bucsi einen weiteren preisgekrönten Animationsfilm gedreht, der nahtlos an den Erfolg ihrer früheren Produktionen anknüpft. Der Film ist nur für eine begrenzte Zeit online abrufbar.
EINE REISE DURCH RAUM UND ZEIT
Form und Mechanik bestimmen die Struktur des Films. Fantastische Tiergestalten und menschliche Geschöpfe sind die Protagonisten. Den Gesetzen der Stimulation folgend, durchleben sie sagenhafte Transformationen, entdecken neue Welten. Eine Kreatur, die sich durch das urinieren eines Universums „erleichtert“, zwei Wesen die Freude daran finden, in das unendliche Schwarze des neuen Alls einzutauchen. Auf der Suche nach Abenteuer und ungestilltem Wissensdrang. Der Weltenraum als Reflektionsort für das eigene Handeln und die Frage nach der Wahrnehmung.
Solar Walk ist eine dänische Produktion und entstand im Rahmen eines Animations-Workshops. Das dänische Jazz Orchester Aarhus bat Réka Bucsi darum, einen 47 Minuten langen Film zu einem bestehenden Musikstück zu machen, den das Orchester danach Live aufführen würde. Das Musikstück umfasst Arbeiten des dänischen Komponisten Niels Marthinsen.
Bewusst verzichtet Bucsi auf Dialoge in ihrem Film. Als erstes sehen die Figuren nicht so aus, als ob sie was zu sagen hätten, desweiteren wäre es einfach zu viel, zu all dem was sie eh schon tun. Worte sind hier überflüssig.
Die freundliche Charakterisierung der Kreaturen, unterstützt den Zuschauer dabei, sich in die kreierte Welt einzufinden und verhindert, dass er die Identifikation mit einer der Protagonisten sucht. Bucsi gibt ihren Charakteren Zeit zur Weiterentwicklung und um zu lernen.
Der Film verfolgt ein gemächliches, aber beharrlichen Tempo, in dem man noch nicht weiß oder es so scheint, als ob man noch nicht weiß, wo die Reise hingeht.
Der Zuschauer kann sehen, was die Figuren machen, aber nicht wohin die Handlung konkret führt.
ZUSAMMENARBEIT AUF AUGENHÖHE
Bucsi und ihr siebenköpfiges Team arbeiteten etwa sieben Monate an dem Projekt. Drei andere Animatoren arbeiteten an dem Projekt und andere stellten sich für die 3D- und Compositing-Effekte ein.
ZUR PERSON
Réka Bucsi wurde 1988 in Filderstadt, Deutschland geboren. 2008 bis 2013 studierte sie Animation an der Moholy- Nagy Universität in Budapest. 2013 Teilnahme bei ANIMATION SANS FRONTIERES ( ASF ) in Viborg, DK
FILMOGRAFIE ( Kurzfilme )
2009 „Mime Appetit“ I 2010 „Relish“ I 2012 „Ron“ I 2013 „Symphony no.42“ BERLINALE SHORTS» 2015 „LOVE“ I 2016 „Dont Know Where Going“ I 2018 „Solar Walk“
Bucsi´s experimentelle, surreale Handschrift, bezieht sich oft auf Natur und Tiere als Subjekt, mit Arbeiten, die das Potenzial haben, komplexe Botschaften durch unterschiedliche und reizvolle Bilder zu vermitteln. Geschichte und Zeichnung stehen bei ihr im Zusammenhang. Animation bietet dafür die perfekte Mischung.
Die Visualisierungen des Films hinterlässt einen bleibenden, tiefen Eindruck beim Betrachter. Man kann die Magie der frühen Animation wiederentdecken, voll Erstaunen für die Vorstellungskraft der Regisseurin.
DAS SCHÖNE ALS GRATWANDERUNG ZWISCHEN CHAOS UND ORDNUNG
Chaos bedeutet Unordnung und Verwirrung. Es bedeutet, dass alles offen und alles möglich ist und zwingt den Betrachter vom streng linearen und kausalen Weltbild abzugehen. Es gibt keine Einschränkung und der Fantasie und Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Hier kann Innovation und Neuerung entstehen.
Solar Walk ist genau diese Gratwanderung zwischen Chaos und Ordnung. Es ist der gelungene Versuch, das Unterbewusste so zum Ausdruck zu bringen, dass sich der Zuschauer damit identifizieren kann. Das es verständlich und fassbar wird, eine gefühlte Ordnung erhält.
Bucsi und ihr Team haben einen surrealistischen Makrokosmos von bemerkenswerter Kraft erschaffen, der eine außergewöhnliche und einzigartige Reaktion beim Betrachter hervorruft.
Damit haben sie das erreicht, was man erreichen kann.
Man darf gespannt sein, was als Nächstes von dem Ausnahmetalent und ihrem Schaffenskreis zu erwarten sein wird.
SOLAR WALK
Directed by Réka Bucsi
Denmark | 21 min | 2017 | no dialogue
CREDITS
Director: Réka Bucsi
Screenwriter: Réka Bucsi
Animation: Nicole Stafford, Jason Reicher, Cyrille Chauvin, Pernille Kjaer
Music: Mads Vadsholt
Producer: Morten Thorning
DER KOMPLETTE FILM “SOLAR WALK” AUF ARTE.TV
VIMEO CHANNEL VON RÉKA BUCSI
https://www.vimeo.com/rekabucsi